No Name Design
Eine Ausstellung bis 3. April 2016 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Der Schweizer Designer Franco Clivio und der Fotograf Hans Hansen haben unter diesem Titel zur Zeit im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe ihre Wunderkammer des Alltäglichen ausgebreitet.
Eine Ausstellung bis 3. April 2016 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Der Schweizer Designer Franco Clivio und der Fotograf Hans Hansen haben unter diesem Titel zur Zeit im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe ihre Wunderkammer des Alltäglichen ausgebreitet.
Der Sammler, Beobachter und Begreifer Franco Clivio durchstöbert schon seit Jahren
alle nur erdenklichen Winkel nach Dingen mit stiller Faszination, ohne
bekannten Autoren, die der Arrangeur und Fotograf Hans Hansen nun sinnlich in
unerwartet sprechende Zusammenhänge bringt.
Was beide eint, ist ein Gehör für die Sprache der Dinge.
Jeder könnte es hören, jeder geniale Gedanken und feine Überlegungen bemerken, aber trotz aller Bedeutung des Designs in unserer Zeit, trifft oft nur das Geschwätz einfallsreicher Werbeabteilungen auf offene Ohren.
Der berühmte Designer, die edle Luxusmarke, die bedeutende Designepoche oder ein Platz in der Sammlung des MoMA sind schnelle Argumente für die Zementierung von Bedeutung.
Wer aber prüft einen Gegenstand ohne zertifizierte Bedeutung selbst und wie kann er das tun?
Zeitgenössisches Design seit 100Jahren steht wie wenig für die
Individualisierung unserer Gesellschaft. Man empfindet sich der
kulturellen Elite zugehörig, wenn man die Spitzenprodukte der Epochen
kennt und sich mit einer individuellen Auswahl umgibt.
Die Ausstellung der beiden Schweizer scheint mir deshalb so wertvoll,
weil sie so etwas ist wie ein zurück auf Null.
Gegenstände ohne
jede designhistorische Absicherung werden auf den ihnen innewohnenden
Wert befragt und geprüft. Die Ergebnisse dieser Feldforschungen können
begeistern,verwundern oder überraschen.
Als Ausdruck echten unabhängigen Sehens und Begreifens sind sie für mich
so etwas wie ein dringend benötigter Reparaturprozess.
Denn das, was Ausdruck höchster Individualität sein könnte, ist längst
zu einem Designkonformismus verkommen, der weit entfernt von jeder
Hochkultur ist.
Der Kulturkonsument unterscheidet sich weit weniger vom
gedankenlosen Käufer, als es uns hochglänzende Einrichtungsmagazine
vermitteln wollen. Übringens auch sehr von dem, was wir von uns selbst
glauben wollen. Die uniformierte Scheinindividualität von Design, Kunst
oder Architekturstudenten kann jeder selbst besichtigen in der Nähe
einschlägiger Ausbildungsstätten. Die Konzentration unter Herstellern
des Guten und Schönen hat längst ähnliche Monopolstrukturen wie die
Billigmöbelindustrie. Wer erkennt noch echte Qualitäten und wie? Wer
beobachtet noch selbstständig und trifft eigene Entscheidungen.
Was so einfach klingt ist heute echte wenn auch lustvolle Arbeit.
Hier setzt die Ausstellung an und markiert eine dringende Zesur.
Noch bis zum 3. April 2016 im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg.
Fotos oben: Hans Hansen