BAUHAUS BAUSPIEL, Naef, Design von Alma Siedhoff-Buscher
154.00 € |
(incl. 19% VAT) |
Als Förderverein für ein Museum des ostdeutschen Designs war es ein mehr als symbolischer Schritt, mit einer Ausstellung für einen Schweizer zu beginnen. Bei meinen Recherchen zu schönen Produkten im Kontext der ostdeutschen Designgeschichte kam ich über die Bauhausentwürfe auf den Schweizer Kurt Naef und seine Firma in Zofingen.
Es war das Jahr 2006, mein Sohn war gerade 3 Jahre alt geworden und gutes Spielzeug hatte auch dadurch für mich einen besonderen Reiz.
So war bald entschieden, dass ich zu Naef in die Schweiz fahren wollte, um das Sortiment und den Menschen dahinter kennen zu lernen. Kurt Naef antwortete freundlich auf meine Anfrage und einige Wochen später stand ich vor einem unscheinbaren Bürogebäude aus den 70iger Jahren in einem Gewerbegebiet in Zofingen. Voller Erwartung betrat ich das Gebäude und wurde von einem Mitarbeiter ganz vorsichtig darüber informiert, dass Kurt Naef leider vor wenigen Wochen verstorben war.
Nun hatte ich etwas zum Lebenswerk und seiner weltweiten Bedeutung recherchiert und zu dieser Zeit auch die NZZ im Abo, aber diese Information traf mich völlig überraschend.
Im folgenden Gespräch erfuhr ich, warum der Tod dieses großen Schweizers ohne jedes Medienecho geblieben war und schnell war ich mir mit den Mitarbeitern einig, dass es dabei nicht bleiben darf.
Als kleinen Trost bekam ich im Keller noch einen ersten Blick auf die Sammlung von Kurt Naef mit hunderten Entwürfen, Prototypen und frühen Serien und schon auf der Heimreise begann ich zu überlegen, wie und wo wir diesen Schatz ausstellen könnten.
Zuerst denkt man natürlich an Museen und eingeführte Ausstellungsorte, aber in den Städten meiner Umgebung schien mir eine große Kirche der Norddeutschen Backsteingotik besser geeignet. Die besondere sichtbare Bauweise aus Backsteinen fand ich einen idealen Rahmen.
Sankt Georgen zu Wismar war das größte Wiederaufbauprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, deren Restaurierung gerade abgeschlossen wurde und die Bürgermeisterin der Stadt war der Motor hinter diesem Wunder.
Ihr war sehr wichtig, dass diese Kirche zukünftig kulturell genutzt wird und schnell war sie als Verbündete gewonnen für eine Ausstellung mit internationaler Bedeutung.
Nun galt es noch ein Budget zu entwickeln, auch wenn sich alle Beteiligten zur begeisterten Selbstausbeutung verständigt hatten.
Neben Förderungen von der Stadt Wismar und dem Land war natürlich Naef Swiss bereit, Kosten zu übernehmen, aber besonders war das Sponsoring für diese Ausstellung durch viele "Konkurrenten" aus der Spielzeugbranche.
Ob Brio, Cuboro, Kellner Steckfiguren, Sina, Kaden&Kaden oder Koesener - alle waren spontan zur Unterstützung bereit. So zeigte sich ihre außergewöhnliche Achtung vor Kurt Naefs Lebenswerk. Darüber hinaus fanden wir natürlich auch in Wismar und Schwerin begeisterte Bürger als Sponsoren.
Ein junger Berliner Architekt entwarf die Ausstellungsarchitektur, ein Tischler aus Wismar fertigte zu Selbstkosten die Vitrinen, eine japanische Händlerin hatte den Katalog schon gesponsert, Heiko Hillig entwarf die Plakate und Einladungen und mit wunderbaren Studenten von der Hochschule Wismar und vielen Vereinsmitgliedern entstand 2008 eine Ausstellung mit musealer Qualität in der unvergleichlichen Aura der wunderbaren leeren Kirche .
20.000 Besucher entdeckten so erstmals den Kosmos der weltweiten Kooperation von Kurt Naef mit Designern und Architekten für Kinder und Erwachsene und das Echo der Besucher war überwältigend.
Da wir diese Ausstellung auch als erste
Sonderausstellung unseres "geplanten" Museums für ostdeutsches Design
gesehen haben, wurden um das Lebenswerk von Kurt Naef vielfältige Bezüge
zur deutschen Tradition des Lernspielzeugs illustriert. In einer
großen Spielecke konnten viele Werke der deutschen Kollegen im Kontext
zu Naef getestet werden. Auch dass der heutige Chefdesigner von Naef
seine Wurzeln im Erzgebirge hat und in der Burg Giebigenstein zum
Spielmittelgestalter ausgebildet wurde, hatte nicht nur Kurt Naef
überzeugt.
Aus ganz Europa kamen Sammler, die erstmals über 200 Spielzeuge aus der Werkstatt von Kurt Naef sehen konnten.
Das führende russische Designjournal "Projektor" machte daraus eine
Titelstory und das Echo in Schweizer Zeitungen führte zu
Verkaufsrekorden bei den verbliebenen Fachhändlern.
Aus einem Besuch für ein paar
Bauhausspiele im Shop von Formost war die weltweit erste Ausstellung
zum gesamten Schaffen des bedeutendsten Spielzeugmachers der Welt
geworden und was mir im ersten Moment als Unglück erschien, war in eine
tiefe Beziehung zum Werk eines Menschen verwandelt.
So habe ich Kurt Naef auf eine besondere Weise doch noch kennengelernt und Naef gehört noch heute zum Kernsortiment von Formost.